Montag, den 10. Mai war es soweit. Mit Hilfe eines Sponsors konnten wir unseren ersten
Transport in Richtung Krisengebiet schicken. Einzige Bedingung des Spenders
war, dass die Hilfsgüter nach Montenegro gebracht werden. Schnell haben wir die
Notwendigkeit der Hilfe für dieses kleine Bundesland von Jugoslawien erkannt. In
Montenegro herrscht eine demokratisch gewählte Regierung unter Djukanovic, die
die Massenvertreibung von Milosevic nicht mitträgt. Deshalb kommt es zu dem auf
den ersten Blick überraschenden Fakt, daß die albanischen, genauso wie
selbstverständlich die serbischen Flüchtlinge, innerhalb Jugoslawiens wanderten.
Nur wird Montenegro auch wegen der Schwierigkeit zu helfen von der Weltöffentlichkeit
vernachlässigt. Unser 20-Tonner sollte und konnte da nur eine kleine
Hilfe sein. Fünf Mitglieder unserer Bürgerinitiative begleiteten dabei den LKW mit
einem privaten PKW. Durch Österreich, Slowenien und Kroatien ging es nach
Dubrovnik, wo wir uns erstmal schlafen legten.
Mittwoch früh waren wir dann an der Grenze, wo uns unsere gute Vorbereitung
half, gut und ohne große Schwierigkeiten, die Formalitäten zu erledigen. Außerdem
sind uns Pfarrer Don Branko Sbutega aus Kotor und sein Kollege aus Tivrat hilfreich.
Sie werden unseren Transport bis ins Zwischenlager der Caritas begleiten.
Danach ging es durch eine überaus reizvolle Landschaft. Wenn Frieden ist, werde ich bestimmt ziemlich oft in Montenegro Urlaub machen. Die kleine Passtraße führte zwischen den Bergen ans Meer, oder besser gesagt an eine kleine Bucht, wo wir dann auf eine Fähre aufgeladen wurden, um diese Bucht zu überqueren.
Dann sind wir auch gleich da. 10 bis 15 Mann aus Tivrat helfen uns beim Ausladen des LKW's. Schließlich wollen die kroatischen Fahrer noch an diesem Tag nach Hause. Die Lebensmittel sind dann auch nach drei Stunden im Zwischenlager verstaut. Einen Tag später werden sie schon wieder auf die Reise nach Rozaje gehen. Dort, nahe zur Grenze zum Kosovo, ist die Hilfe zwar gut organisiert. Aber man kann nur verteilen, was man auch hat.
Am Mittwoch haben wir dann noch die Möglichkeit mit Don Branko Sbutega zu sprechen. Wir übernachteten auch bei ihm in "seinem" Pfarrhaus neben "seiner" Kirche in Kotor. Dieser Mensch ist einfach ein Erlebnis. Ein Mensch, der mit seiner Weisheit nicht halt macht vor unbequemen Meinungen. Am nächsten Tag sprachen wir dann noch mit Nenad Popovic, einem kroatischem Verleger, der die Flüchtlingshilfe über Kotor von Dubrovnik aus unterstützt.
Mit beiden Menschen zu sprechen war sehr interessant. Die Interviews habe ich dann
zu einer Sendung verarbeitet, die am 30. Mai 1999 auf Radio Blau lief. Dieses einstündige
Tondokument kann bei uns bestellt werden.
Am Sonnabend, den 15. Mai 1999, kamen wir wieder in Leipzig unbeschadet
an. Fast genau 99 Stunden hat die Fahrt im PKW gedauert. Es waren aber 99
Stunden, die allen von uns sehr viel gegeben haben